Einwilligung zur Fotoveröffentlichung auf erotischer Website

Eine Einwilligung zur Fotoveröffentlichung ist auch dann wirksam, wenn der genaue Zweck der Aufnahmen – sei er sportlicher oder auch erotischer Natur – nicht angesprochen worden sein sollte. Noch offene vertragliche Honoraransprüche machen eine Einwilligung in die Verbreitung der Aufnahmen im leichtbekleideten Zustand nicht hinfällig. (Leitsatz)

Urteil des LG Berlin vom 22. Oktober 2009 (Az.: 27 O 630/09):

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten 757,64 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2008 zu zahlen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen unberechtigter Veröffentlichung von Erotikaufnahmen seiner Person auf Unterlassung, Ersatz von anwaltlichen Abmahnkosten, Auskunft und Geldentschädigung in Anspruch.

Im Rahmen der Widerklage verlangt der Beklagte seinerseits Erstattung der ihm bei der Abwehr des äußerungsrechtlichen Unterlassungsanspruchs entstandenen Anwaltskosten.

Der beklagte Fotograf fertigte im Jahr 2004 vom Kläger die aus dem Klageantrag zu 1. ersichtlichen Fotoaufnahmen. Der Kläger unterschrieb am 9. Dezember 2004 die nachfolgend in Kopie wiedergegebene Einverständniserklärung:

Der Beklagte veröffentlichte die streitgegenständlichen Fotos vom Kläger auf den von ihm betriebenen Webseiten „muscle-teens.com“ und „athletic-star.com“.

Der Kläger sieht sich durch die unberechtigte Veröffentlichung der Fotos im Internet in pornographischem Zusammenhang in seinem Persönlichkeitsrecht bzw. Recht am eigenen Bild verletzt. Er habe nur in Verwendung seiner Fotos im sportlichen Bereich für die Fotomappe des Beklagten eingewilligt; über die Einstellung der Fotos auf dem Internetportal des Beklagten sei er nicht informiert gewesen. Er gehe davon aus, dass der Beklagte die Fotos an weitere Websites mit pornographischem Inhalt entgeltlich weitergegeben habe.

Der Kläger beantragt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers, Abbildungen, die den Kläger zeigen, gemäß nachfolgender Wiedergabe

zu verbreiten und/oder zu vervielfältigen und/oder öffentlich zugänglich zu machen und/oder diese Handlung durch Dritte durchführen zu lassen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, über den Umfang der Verbreitung der Abbildung gemäß Ziffer 1 Auskunft zu erteilen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 4.000,00 € zu bezahlen.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 775,64 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. November 2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt er,
den Kläger zu verurteilen, an ihn 757,64 Euro außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2008 freizustellen.

Der Kläger und Widerbeklagte beantragt,
die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beruft sich auf das ausdrückliche Einverständnis des Klägers gerade auch mit den Veröffentlichungen auf seinen beiden Internetseiten und verweist insoweit auf die als schriftliche Einverständniserklärung vom 9.12.2004. Noch im Jahr 2006 habe der Kläger ihm für später gefertigte Aufnahmen für diese Seiten einen Betrag von  100 € für seine Tätigkeit als „Darsteller für Trainingsvideo“ in Rechnung gestellt. Auf die entsprechende Rechnung (Bl. 32 d.A.) wird verwiesen. Mit der Veröffentlichung der Fotos und Filme habe der Kläger sich erhofft, an lukrative Aufträge als Werbeträger, Tänzer oder Stripper gelangen zu können, was im Hinblick darauf, dass der Kläger durch die Aufnahmen einen Ikonen ähnlichen Status innerhalb der Berliner „…“ erlangt habe, gelungen sei.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet, die Widerklage dagegen begründet.

1. Dem Kläger steht weder der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten aus §§ 823 Abs. 1, 2, analog 1004 Abs. 1 S. 2 BGB, 22 f. KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu, noch schuldet der Beklagte Auskunft, Erstattung von Abmahnkosten und Geldentschädigung.

Die Veröffentlichung der Fotoaufnahmen verletzt das Persönlichkeitsrecht des Klägers in der Ausprägung des Rechtes am eigenen Bild nicht. Gemäß § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger in die Bildnisveröffentlichung eingewilligt hat.
Der Kläger räumt ein, in die Fertigung der Fotos durch den Beklagten eingewilligt zu haben. Wie er ernsthaft davon ausgehen konnte, dass es sich hierbei nur um private, nicht zur Veröffentlichung bestimmte Aufnahmen für die Fotomappe des Beklagten handelte, bleibt der Kammer auch – auf entsprechende Rüge des Beklagten – nach seinem ergänzenden Vortrag im Schriftsatz vom 5. Oktober 2009 verborgen. Mag sich der Kläger auch für die entgeltliche Verwertung der nach seinem Vorbringen nur für die Fotomappe des Beklagten vorgesehenen „sportlichen Fotos“ ein Honorar gewünscht haben, musste ihm dennoch bewusst sein, dass eine Veröffentlichung der Aufnahmen jedenfalls avisiert war.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass in dem bloßen Dulden von Aufnahmen grundsätzlich keine Einwilligung in die Veröffentlichung zu sehen ist. Dass sich der Kläger allerdings gegen eine Verbreitung seiner Fotos an Dritte verwehrt hätte, ist weder dargetan noch sonst wie ersichtlich. Der Kläger bestreitet nicht mehr, die Einverständniserklärung vom 9.12.2004 unterschrieben zu haben. Selbst wenn hier der genaue Zweck der Aufnahmen – sei er sportlicher oder auch erotischer Natur – nicht angesprochen worden sein sollte, erfolgte doch die Anfertigung der Fotos jedenfalls unter Umständen, die eine spätere Veröffentlichung nahe legten. Die schriftliche Einverständniserklärung war umfassend, ohne jede zeitliche, örtliche und inhaltliche Einschränkung. Mag der Kläger sich auch eine Vergütung seiner Präsentation vorbehalten haben, ändert dies nichts an seiner wirksam erklärten Einwilligung. Zwar war in seiner Einverständniserklärung die Passage zum „Recht zur kommerziellen Nutzung in interaktiven Diensten, insbesondere Internet …“ gestrichen. Der Kläger stellt jedoch nicht in Abrede, dass er nach Anfertigung der Fotos selbst für die Internetseiten des Beklagten Werbung gemacht hat, indem er sich etwa mit einem die Internetseite des Beklagten bewerbenden Foto ablichten ließ, wie im Verhandlungstermin durch Vorlage entsprechender Fotos in Augenschein genommen werden konnte. Im Nachhinein hatte der Kläger also offensichtlich zunächst nichts gegen die Internetpräsentation des Beklagten einzuwenden. Unwidersprochen hat er auch der Veröffentlichung seiner „Trainingsvideos“, die er dem Beklagten entgeltlich zur Verfügung gestellt hatte, zugestimmt. Es kann dahinstehen, ob es sein Ziel war, mit den streitgegenständlichen Aufnahmen einen „ikonenähnlichen Status in der Gay-Szene“ zu erlangen; jedenfalls ist er dem Vorbringen des Beklagten, wonach die Aufnahmen in der Gay-Community Aufmerksamkeit erwecken sollten, nicht substantiiert entgegengetreten. Etwaig noch offene vertragliche Honoraransprüche des Klägers machen seine Einwilligung in die Verbreitung der Aufnahmen von seiner Person im leichtbekleideten Zustand nicht hinfällig.

2. Der im Rahmen der Widerklage geltend gemachte Zahlungsanspruch wegen dem Beklagten anlässlich der Inanspruchnahme durch den Kläger entstandener Anwaltskosten ist aus § 280 BGB gegeben. Der Beklagten hat seinen Schadensersatzanspruch dem Grunde und der Höhe nach schlüssig dargetan. Da nach den obigen Ausführungen von einer Einwilligung des Klägers in die Fotoveröffentlichung auszugehen ist, stellt seine unbegründete Abmahnung eine Pflichtverletzung i.S.d. § 280 BGB dar (BGH NJW 2007, 1458). Der Höhe nach sind die berechneten Kosten nicht zu beanstanden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

PS: Terminsbericht bei Buskeismus